erik
 
     
 

Können Schafe sicher weiden? (2009)

nach Texten von Christiane Bongartz und aus der Bachkantate "Schafe können sicher weiden", für Sopran, Blockflöte(n), Barockcello und Cembalo.

Download Werkkommentar als Pdf

 
     
 
Können Schafe sicher weiden?- in Form einer Art modernen, durch komponierten weltlichen Kantate /mit Prolog und Epilog - bezieht sich auf ein über das Thema privater "Suche", "Vertrauen" und "Erlösung" geschriebenes Gedicht der Autorin Christiane Bongartz. Anfang und Ende des Textes (Prolog/Epilog) zitieren den Originaltext der früheren Bach-Kantate Schafe können sicher weiden, den Bach vermutlich als Auftragswerk für den Hof geschrieben hat. Die Prolog- und Epilog-Teile sollten (beim Kompositionsprozess wie beim Interpretieren) bewusst im Spannungsverhältnis zueinander bleiben, wobei insbesondere der Epilog eine kritische, die alte Harmonie ironisierende Stellungnahme des Komponisten ist angesichts der aktuellen Frage nach dem Vertrauen in Regierende, Politik/gesellschaftliche Harmonie, Utopien im Zeitalter von drohenden Tendenzen eines globalen, numkehrbaren Neoliberalismus und Finanzkapitalismus ohne kulturelle und ethische Werte und zunehmend ohne soziale Verantwortung und Denken an das Gemeinwohl. Wer sind die"Schafe" heute? Wie sicher sind sie? Dank in Deutschland nicht abgezeunter Bahngleise bei ICE-Schnellstrecken (der Börsengang der Bahn war wohl wichtiger als eine solche "Investition" zum Schutz der Tiere) werden zuweilen in Deutschland Schafherden im wahrsten Sinne des Wortes gnadenlos überrollt, wie allen bekannt ist. Gibt es nur die absolut"schwarzen Schafe" auf welche eine immer medien-verdummtere und durch oberflächliche Mediendarstellungen verhetztere Gesellschaft (vor allem der Mittelschichten) ihre Ohnmacht und/oder Wut am Status Quo projezieren soll, um dann letztlich passiv-ohnmächtig oder "sensationslustig" zu bleiben (auf die Topmanager oder "Banker" mit ihren viel gerügten, maßlosen Bonus-Forderungen oder auf vergessene" Amokläufer" die zu bedauern sind, deren Taten aber andererseits sensationslustig im Internet und anderswo ohne Rücksicht auf die tragisch Getöteten nach gestellt werden)? Oder sind nicht vielmehr alle Menschen dieser Weltgesellschaft/ (jeder zu seinem Teil) vollends verantwortlich für eine globale Gesellschaft, die sich so entwickelt wie gerade...? Gedanken zwischen Herde und Einzelschaf ... Und wo ist bei alledem Gott? Oder Spiritualität, oder Religiosität? Und welche Bedeutung und Funktionen haben diese für die "Schafe"? Sind sie nicht - öftters - nur Opiate oder Mittel zum Zweck, damit die "Schafe" kurz aufschauen, meditativ Kraft tanken und dann passiv oder verantwortungslos "weiter /ab/grasen" und alles treiben lassen (können) wie bisher?: Den Raubbau an der Schöpfung, die ethische und moralische Verrohung der Sozial- und Wirtschafts-systeme, den kollektiven Egoismus? Und - wo bleibt das irrende Schaf, das private Individuum da noch bei der Suche nach persönlichem Glück, Geborgenheit oder Sicherheiten? Das Gedicht von Christiane Bongartz und meine Musik möchten zum Fragen, Nachdenken und zur Sensibilität einladen, ohne vorschnelle, ideologische Antworten parat haben zu wollen. Meine Musik möchte durch die formale (und stilistisch) kritisch komponierte Heterogenität zwischen Prolog/Epilog und dem Haupt-Teil (der Vertonung des Bongartz-Gedichtes) für den Hörer bewusst die Frage offen lassen, inwiefern Dinge wie "Suche nach zwischenmenschlichem oder religiösen Vertrauen", "Suche nach persönlichem, individuellem Glück, Liebe, einem Halt im Leben" einerseits und "Suche/mögliche (zu verwirklichende) Utopie der gesellschaftlichen Harmonie Gerechtigkeit" und das Thema "Vertrauen in Politik/Regierende" heute im 21.Jh. andererseits - einander gegenüber stehen, sich ergänzen aber auch einander hemmen können (z.B. im Kampf ums bloße Dasein, Auskommen, Überleben, welches überwunden werden muss (vgl. Marcuse: Repressive Toleranz). Düsseldorf, den 15.April 2009, Erik Janson
 
     
  zurück  

 

Copyright © 2005 - 2010 J.Potempa