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Bhagavat-Gita-Fragmente (2006),

für Sopran, Flöte (auch Piccolo und Bassflöte), Klarinette (auch Es- und Bassklarinette), Violine, Violoncello und Schlagzeug (für Phorminx-Ensemble)

 
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Bei meinen 4-teiligen, ineinander übergehenden Bhagavat Gita- Fragmenten (I.-IV.) handelt es sich, wie der Titel sagt, um von mir ausgewählte Fragmente aus dem altindischen Text Bhagavat Gita (dt.“Gesang Gottes“). Dies ist eine circa 5000 Jahre alte Schrift, die von den Unterweisungen Krishnas (des alles durchdringenden Gottes) an seinen Freund und Geweihten Arjuna vor der Schlacht von Kuruksetra handelt. Ich ließ mich bei der Lektüre für die später eingeteilten Werkabschnitte vor allem durch Texte inspirieren, die mit der Unvergänglichkeit von Seele und Zeit (I.), mit dem Thema innerer Gelassenheit in Leben und Tod (II.), mit an die Apokalypse erinnernden Gottes-Visionen (III.) und schließlich mit dem Licht im Äther und den Geheimnissen (IV.) zu tun haben. Dies ist sicher eine freie, von empathischer Lektüre geleitete Textauswahl, in der ich aber die Oppositionen der selbst gewählten Textpassagen zu einer textlichen, später zu einer musikalischen Dramaturgie formte. In Melodik und Harmonik ließ ich mich von neun (alt)indischen, zumeist religiösen Ragas inspirieren, die - zur Thematik der Komposition passend – mit Kontemplation, Askese, Gottes- und Menschenliebe in Verbindung stehen. Die Zahl und Polyphonie der auf meine eigene Art verwendenten Ragas nimmt im Verlauf des Werkes zu.

Es entstehen so beispielsweise im III. Satz, in einer Art dramaturgischen Höhepunkt des Werkes, eine komplexe Art „Poly“-Modalität, eine mehrstimmige Übereinanderschichtung von bis zu 6 unterschiedlichen, gleichzeitig erklingenden Ragas bzw. „Raga“-Tonmaterial, auf das ich mich hier in den jeweiligen Instrumentalparts und im Gesang beschränkte. Diese eigene, westliche Interpretation steht freilich im Gegensatz zur traditionellen indischen Musik, wo ein Raga meist durchweg in endlos reicher, feiner melodischer Variation für eine grundsätzliche Stimmung/Befindlichkeit steht und so mehrere Stunden dauern kann. Von traditionellen Melodie-Modellen der Ragas angeregt, suchte ich nach bewusst Gegenläufigem aber auch Verwandtem gegenüber dem indischen Kulturkreis. Meine eigene Interpretation bzw. Tonsprache schließt aber z.B. die Mikrointervalle (in indischer Musik als „Shrutis“ bekannt) und ist geprägt durch meinen individuellen, strukturellen Umgang mit Klangfarben, Dynamik und den anderen musikalischen Parametern.

Text:[...] = Auslassung durch den Komponisten arabische Ziffern in ( ) geben die Quelle an:Kapitel, hinter den Punkt, den Vers in der Bhagavat Gita Wörtliche Übersetzung, bei Beibehaltung Der Worstellung im Sanskrit
I.
(2.11):
 
sri-bhagavan uvaca [:] [...] Die höchste Persönlichkeit Gottes sprach
na [...] evaham jatu nasam niemals [...] gab es irgendeine Zeit, in der ich nicht existierte
na caiva na bhavisyamah[a] niemals werden gewiss nicht existieren
sarve vayam atah[a] param wir alle danach.
(2.20):  
[...] ayam [...] [...] die Seele [...]
na jayate mriyate va kadacin wird geboren oder stirbt zu irgendeiner Zeit.
nayam bhutva bhavita va na bhuyah[a] niemals ist sie entstanden, entsteht sie oder wird wieder entstehen
ajo nityah[a] sasvato ´yam purano ungeboren, ewig, immerwährend ist sie, diese älteste
na hanyate hanyamane sarire niemals wird sie getötet, wenn getötet wird der Körper
(2.16):  
nasato vidyate bhavo das Nicht-Existente ist ohne Beständigkeit
nabhavo vidyate satah[a] niemals Wechsel gibt es beim Ewigen.
II.
(2.45)
:
 
[...] bhavarjuna [...] Sei, O Arjuna [...]
nirdvandvo nitya-sattva-stho ohne Dualität, in einem reinen Zustand geistiger Existenz
nirgoya-ksema atmavan frei von Gedanken an Gewinn und Schutz im [...] Selbst verankert.
(2.48):  
yoga-sthah[a] kuru karmani sangam tyaktva [...] mit Gleichmut erfülle deine Pflichten, Anhaftung aufgebend [...]
siddhy-asiddhyoh[o] bei Erfolg und Misserfolg [...]
(2.56):  
duh[u]khesv anudvigna-manah[a] [wer] in den dreifachen Leiden ist ohne im Geist erregt zu sein
sukhesu vigata-sprahah[a] im Glück ohne interessiert zu sein,
vita-raga-bhaya-krodhah[a] und wer frei ist von Anhaftung, Angst und Zorn,
sthita-dhir munir ucyate dessen Geist steitig ist, „Weiser“ wird genannt.
(8.5):  
anta-kale [...] mam [...] [wer] sich am Ende seines Lebens an mich erinnert,
smaran muktva kalevaram wenn er verlässt den Körper,
yah[a] prayati sa mad-bhavam derjenige geht in meine Natur ein.
III.
(11.19)
:
 
anadi-madhyantam ananta-viryam ohne Anfang, Mitte und Ende, unbegrenzt [ist Deine] Herrlichkeit
ananta-bahum sasi-surya-netram [du hast] unbegrenzte Arme; der Mond und die Sonne [sind Deine] Augen.
pasyami tvam dipta-hutasa-vaktram ich sehe Dich, loderndes Feuer, das aus deinem Mund kommt
sva-tejasa visvam idam tapantam durch deine Ausstrahlung dieses Universum erhitzend.[...]
(11.29):  
tathaiva nasaya visanti lokas ebenso der Vernichtung entgegen gehen die Menschen
avapi vaktrani samrddha-vegah[a] auch (gehen sie) in Deine Münder mit rasender Geschwindigkeit
(11.30):  
tejobhir apurya jagat samagram durch Deinen Glanz bedeckst Du das Universum ganz,
bhasas tavograh[a] pratapanti visno die Strahlen, Deine schrecklichen, versengen es, O alldurchdringender Herr.
IV. (7.8):  
probhasmi sasi-suryayoh[o] das Licht bin ich des Mondes und der Sonne
[...] sabdah[a] [...] der Klang im Äther
(10.31)  
pavanah[a] pavatam asmi der Wind, von allem, was reinigt, bin ich

 

 
     
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