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Fragmente nach Rilke (2008)

für Sopran und Violoncello

 
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Für meine Fragmente nach Rilke las ich zuvor Rilkes gesamtes lyrisches Werk und wählte - meist chronologisch nach Entstehungsdaten geordnet - Stellen aus Gedichten heraus, die sich mit existentiellen Fragen von Geist, Suche/Frage nach Gott und dem Lebensmittelpunkt und dem Gegensatz zwischen Stille und innerer sowie äußerer Eile oder auch zwischen Leben und Tod (bzw. der Frage: was danach?) beschäftigen. So entstand eine eigene Dramaturgie. Diese Themen ziehen sich wie ein roter Faden durch Rilkes Werk. Ähnlich zieht sich diese Opposition wie ein roter Faden durch die Teile I-VII meiner Komposition. Es sei hier weniger über die Struktur der Komposition im Detail gesagt, da sich der Hörer selbst – wie ich im Kompositionsprozess - auf die spannende Suche nach Sinn schwankenden Wahrnehmungsformen der Zeit bei Rilke begeben sollte.

I. [Aus: Improvisationen aus dem Capreser Winter]
Wildnis, Un-weg: Gott, in den ich allein
steige und falle [...] täglich in mein
gestern Gegangenes wieder hinein kreisend.

II. [Aus: Sonette an Orpheus, Teil 2, Nr. 1 (1922)]
ATMEN [...]
Immerfort in das eigene [...]
Erkennst Du mich, Luft, du voll einst meiniger Orte?

III. [Aus: Sonette an Orpeus, Teil 2, Nr. 11 und 12 (1922)]
Töten ist eine Gestalt unseres wandernden Trauerns [...].
Rein ist im heiteren Geist,
was an uns selber geschieht [...].
WOLLE die Wandlung. O sei für die Flamme begeistert
jener entwerfende Geist, welcher das Irdische meistert,
liebt in dem Schwung der Figur nichts wie den wendenden Punkt.
Was sich ins Bleiben verschließt, schon ists das Erstarrte.

IV. [Aus: Sonette an Orpheus, Teil 2, Nr.22 (1922)]
Heute stürzen die Überschüsse [...]
nur noch als Eile vorbei, aus dem waagerechten gelben
Tag in die blendend mit Licht übertriebene Nacht.
Aber das Rasen zergeht und [hinter]lässt keine Spuren [...].

V. [Aus: Kleiner Gedichtkreis mit der Vignette]:

Welche Übergewichte von Stille
müssen im Weltraum wohnen [...].
Da uns die Sterne schweigende schienen im angeschrieenen Äther!

[Aus: Nr. 6 der Acht Sonette im Umkreis der „Sonette an Orpheus“, Muzot, 16./17. Februar 1922]:
[D]iese Stille um einen Gott. [...]
Nimmt sie nicht Überhand?
Drängt sie nicht fast wie ein Widerstand
an dein tönendes Herz?

VI. [„Vergänglichkeit“ aus: Fragmenten/Entwürfen]
FLUGSAND der Stunden. Leise fortwährende Schwindung [...].
Leben weht immer. [...]

VII (Epilog) [Aus Nr. 1 der Gedichte in französischer Sprache, 1924/25]:

Ce soir mon coeur fait chanter
des anges qui se souviennent
Une voix, presque mienne,
par trop de silence tentée [...].

[Aus Nr. 9 der Gedichte in französischer Sprache, 1924/25]:
Si l´on chante un dieu,
ce dieu vous rend son silence. [...]

[...] = Auslassungen des Komponisten

 

 

 
     
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